jobcenter

„Sozialstaatsreform 2026“ wird grundsätzlich positiv aufgenommen


Zum 1. Juli 2026 will der Bund das Bürgergeld in „Grundsicherungsgeld“ umbenennen und die Struktur der Leistung neu ordnen. Die hessischen kommunalen Jobcenter blicken auf diese Reform mit großer fachlicher Aufmerksamkeit. Sie unterstützen die Zielrichtung, Mitwirkung zu stärken, Verfahren zu straffen und Integrationen durch klare Regeln zur Verbindlichkeit zu gestalten. Gleichzeitig betonen sie, dass die Praxis im Fokus bleiben muss, wenn die Reform wirken soll.

„Grundsätzlich unterstützen wir das Vorhaben der Bundesregierung die Leistungsstruktur neu zu ordnen. Dabei ist es von wichtiger Bedeutung, dass die Erfahrungen vor Ort nicht außer Acht gelassen werden – nur so kann die Reform die gewünschten Vorteile bringen“, erklärt der Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernent, Dirk Noll.

Die Reform greift an vielen Stellen grundlegend in das SGB II ein. Sie stärkt den Vorrang der Vermittlung und erhebt den Anspruch, dass Integration künftig noch stärker in bedarfsdeckende Beschäftigung und, wo möglich, in Vollzeit – erzielt werden soll.

René Bieber, Fachbereichsleiter Arbeit und Migration in der Kreisverwaltung, ergänzt: „Die Zielrichtung ist positiv zu bewerten, allerdings müssen gewisse Parameter erfüllt sein. Wichtig ist vor allem, dass den Bürgerinnen und Bürgern genügend Qualifikations- und Arbeitsangebote bereitstehen und zudem die Kommunalen Jobcenter über genügend Ressourcen für eine individuelle Beratung verfügen.“

Ein zentraler Punkt der Reform betrifft die Eingliederung von langzeitarbeitslosen Menschen und die Verbesserung der arbeitsmarktlichen Integration durch angepasste Förderinstrumente wie den Ausbau des Passiv-Aktiv-Transfers und der geförderten Beschäftigung (§ 16e SGB II).

Die hessischen kommunalen Jobcenter bestätigen aus ihrer Praxiserfahrung die positiven und nachhaltigen Integrationseffekte dieser Instrumente, sofern der Einsatz strategisch langfristig angelegt und eine darauf ausgerichtete Finanzierung gewährleistet ist. Sie fordern deshalb klare Förderketten und Budgets, die nicht mitten im Jahr versiegen, denn gerade hier entscheidet Kontinuität über Erfolg.

Deutliches Signal des Gesetzgebers

Mit der Reform setzt der Gesetzgeber außerdem ein deutliches Signal für eine frühzeitigere Integration von Erziehenden. Die Praxis zeigt, dass viele Alleinerziehende eine große Motivation mitbringen, Betreuungslücken, fehlende Teilzeitangebote oder eine eingeschränkte Mobilität jedoch wesentliche Hürden für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit darstellen.

Die Optionskommunen begrüßen den politischen Anspruch – nicht zuletzt hinsichtlich der Erwerbspotentiale von Frauen für die Fachkräftesicherung –, sehen in diesem Kontext aber zugleich den Bedarf an verlässlicher Kinderbetreuung, flexiblen regionalen Arbeitsmarktangeboten und ausreichenden Personalkapazitäten in den Jobcentern, um Erziehende Schritt für Schritt in den Arbeitsmarkt zurückzuführen.

Die Reform verändert auch die Sanktionsregelungen, indem sie ein strengeres Verfahren bei Terminversäumnissen und Arbeitsverweigerung einführt. Die kommunalen Jobcenter unterstützen das Prinzip der klaren Regeln, betonen jedoch, dass diese Regeln verlässlich, verständlich und administrativ umsetzbar bleiben und rahmengebende Ursachen wie z. B. psychische Erkrankungen Beachtung finden müssen. Erfahrungen aus zwanzig Jahren belegen, dass Sanktionen nur dann wirken, wenn zugleich Unterstützung, Orientierung und realistische Angebote bereitstehen.

Auch im Bereich der Leistungen verändert die Reform zentrale Grundlagen. Die bisherige Karenzzeit beim Vermögen soll abgeschafft und das Schonvermögen stärker an das Lebensalter gekoppelt werden.

Ebenso verfolgt die Reform eine Deckelung der Wohnkosten in der einjährigen Karenzzeit sowie Kostensenkungsaufforderungen, wenn Kaltmieten deutlich über der örtlichen Mietpreisbremse liegen. Diese Regelung trifft die Praxis der kommunalen Jobcenter unmittelbar, denn viele Kommunen in Hessen kämpfen seit Jahren mit angespannten Wohnungsmärkten, auf denen bezahlbarer Wohnraum knapp ist. Die Optionskommunen sehen eine klare Notwendigkeit, kommunale Mietstrukturen stärker einzubeziehen und Lösungen zu entwickeln, die Menschen nicht in zusätzliche Wohnungsnot treiben.

Trotz vieler sinnvoller Impulse bleibt für die hessischen Optionskommunen eine zentrale Botschaft bestehen: Reformvorhaben gelingen nicht durch neue Bezeichnungen, sondern müssen sich daran bemessen lassen, ob ihre Umsetzung im Rahmen des gesetzten Handlungsspielraums realisierbar ist. Kurzzeitige Kurswechsel mit einem enormen Bürokratieaufwand erhöhen lediglich den Druck auf das System und verzögern für die Betroffenen den Weg in Arbeit. Die Jobcenter benötigen stabile gesetzliche Grundlagen, planbare Budgets und ausreichend Personal, um Menschen wirksam zu begleiten. 

 

Schlagworte zum Thema

KOMMUNALES JOBCENTER 


Pressekontakt

Pressesprecher Kevin Kunze

+49 6621 87-9106


                                                                                                                             Weitere Pressemitteilungen